moments Magazin 03-21

FOTOS: VIENNAREPORT, SUPPLIED BY LMK/VIENNAREPORT, DANIELA OTTO FROZEN Verändert die Filmbranche unser Liebesleben? Medien versprechen immer Lebensstei- gerung und durch die mediale Beschleu- nigung wird das immer extremer. Wir werden also von Cinderella zu Tinderel- la: Wir wischen nicht am Boden, son- dern am Handy rum und hoffen, den Prinzen per App zu finden. Dabei geht es immer um den nächsten Kick. Liebe und Medien gehören zusammen. Der Serienboom ist unaufhaltsam. Ist auch das eine Antwort auf den derzeitigen Wandel? Durchaus, Serien können viel komple- xer erzählen als Filme und spiegeln somit unsere Realität weit besser wider. Es gibt keine abgeschlossene Handlung, die Charaktere werden immer wieder vor neue Herausforderungen gestellt und verlieben sich auch ständig neu. Haben Sie noch Beispiele? Mit Carrie, Samantha und Co. wurden für „Sex and the City“ Charaktere geschaffen, mit denen sich jeder Frau- entyp identifizieren kann. Deswegen war „SATC“ auch ein Liebesdrehbuch der Moderne, das uns zeigte, wie man als Single in der Großstadt datet. Bei „Bridgerton“ treffen unterschiedliche Beziehungstypen aufeinander, das ist auch sehr interessant. Viele Leute, die die Serie gerne schauen, wünschen sich etwas Klassisches. Das sind typische „Jane-Austen-Träume“, das Lebensziel ist unverändert die Hochzeit. Wollen wir überhaupt noch idealis- tische Liebesgeschichten sehen? Ich glaube daran, dass Märchen zutiefst heilsam sind und dass wir sie brauchen. Wir dürfen noch träumen, die Wirklich- keit ist oft trist genug. Es gibt kaum einen großen Film, der ohne die Liebe auskommt, sie bringt uns dazu, Dinge zu tun, die wir sonst nie tun würden. Insofern: Wir werden die Liebe immer sehen und erleben wollen. mal M O M E N T Daniela Otto Film- und Literatur- wissenschaftlerin www.danielaotto.com Beispiel? Sich während eines romanti- schen Dates, eines Spaziergangs oder im Lokal wie im Film zu fühlen. Romeo mit Macken. Das ist zwar ein schönes Gefühl, doch das wahre Leben ist eben kein Film. Und ein rea- ler Romeo hat auch Macken. Schüren Liebesfilme also nicht falsche Sichtwei- sen und ist es nicht gefährlich, sich da- ran zu orientieren? „Ja natürlich, Filme verführen uns und pflanzen ein Begeh- ren ein, das im echten Leben nur schwer zu erfüllen ist“, sagt Otto. Der makello- se Prinz auf dem weißen Pferd wäre ja auch viel zu langweilig, denn wenn wir ehrlich sind, schreibt das wahre Leben immer noch die schönsten Geschichten, die durchaus filmreif sind. l 1 1 2 3 Ein glücklicher Single zwischen Liebenden? Ja, selbst Disney hat verstanden, dass das möglich ist, und liefert laut Otto einen wertvollen Beitrag mit „Frozen“. Statt auf den rettenden Prinz zu warten, setzen Anna und Elsa auf Schwesternpower und zeigen, dass auch familiäre Liebe heilsam ist – eine tolle Botschaft für viele junge Leute! 96 moments 3/2021

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