moments Magazin 05-21

eine Rolle spielen dürften, wie der Al- lergie-Experte Prim. Priv.-Doz. Dr. Fritz Horak erklärt: „Zum einen gibt es eine gewisse genetische ‚Bereitschaft‘ in einer Bevölkerung, Allergien zu entwi- ckeln. Der zweite Punkt dürfte mit der Entwicklung des Lebensstils zu tun haben.“ Ernährung, Umweltfaktoren und zunehmende Hygiene tragen dazu bei. „Offensichtlich hat es einen ent- scheidenden Einfluss, mit wie vielen unterschiedlichen Bakterienarten unser Immunsystem, v. a. im Säuglings- und Kleinkindalter, in Berührung kommt.“ Alte und neue Therapien. Dank intensiver Forschung kommen ständig neue Verfahren auf den Markt. Die „symptomatische Therapie“ ist laut Horak relativ konstant geblieben. Es gebe kaum neue Antihistaminika oder Nasensprays. Aber: „Bei der chroni- schen Nesselsucht und dem schweren Asthma ist das Anti-IgE (IgE = Immun- globulin E, Anm.) ein wertvolles Medi- kament geworden. Auch gibt es bei der Therapie des schweren Asthmas ver- schiedene monoklonale Antikörper zur Behandlung.“ Für Nahrungsmittelaller- giker soll es bald eine Behandlung mit einer oralen Immuntherapie geben. „Damit soll durch standardisierte, langsam steigende Gaben eines bestimmten Lebensmittels, z. B. Erd- nuss, das Immunsystem daran gewöhnt werden.“ In der Diagnostik sind noch immer die Grundpfeiler Anamnese – Prick-Test – IgE-Bestimmung wichtig, so Horak. Mit der „molekularen Aller- giediagnostik“ können noch genauere Einblicke gewonnen werden. „Wir kön- nen beispielsweise feststellen, ob es sich bei einer Nahrungsmittelallergie um eine Kreuzallergie bei Pollenallergie handelt oder um eine echte primäre Allergie gegen das Nahrungsmittel.“ Vorbeugung statt Heilung? Die Möglichkeiten der Prävention von Allergien sieht der Experte als relativ eingeschränkt. „Was wir heute wissen, ist, dass es nicht sinnvoll ist, hoch allergene Nahrungsmittel wie Milch, Ei, oder Nüsse aus dem Ernährungsplan von Kleinkindern zu verbannen, son- dern sogar schon relativ früh neue Lebensmittel in der Ernährung einzu- führen“, so Horak. Hund, Katze, Kuh. Haustiere, im Speziellen Katzen, dürften einen schützenden Effekt auf die Entwick- lung von Allergien und Asthma haben. Bauernhofkinder profitieren noch mehr. Wie Studien zeigen, leiden sie seltener an Allergien und Asthma. „Eine Erklärung dafür dürfte sein, dass das Immunsystem schon sehr früh mit einer großen Anzahl von verschiede- nen Bakterien im Stall in Berührung kommt. Dieser Effekt wirkt sich aber nur aus, wenn das Kind von Geburt an am Bauernhof aufwächst.“ ● ODER UNVERTRÄGLICHKEIT? Beide haben unterschiedliche biologische Ursachen: Allergie: überschießende Reakti- on des Immunsystems, die über Immunglobuline der Klasse E (IgE) vermittelt wird. Bereits sehr geringe Mengen (z.B. Bruchteil einer Nuss) können ausreichen, um innerhalb von wenigen Minu- ten zu massiven Reaktionen (Ausschlag, Schwellungen, ana- phylaktische Reaktion) zu führen. Unverträglichkeit: Mangel an einem bestimmten Enzym, das ein konkretes Nahrungsmittel abbauen soll (z.B. Milchzucker bei Lactoseintoleranz). Oder der Transport eines Nahrungsmittels vom Darm in die Blutbahn (z.B. Fruchtzucker bei Fructosemal- absorption) ist behindert. Symp- tome treten meist erst bei grö- ßeren Mengen und nach einer gewissen Zeit (Durchfall, Bläh- bauch etc.) auf, sind aber nicht lebensbedrohlich. Allergie ANZEIGE mal M O M E N T Sabine Peyer Apothekerin ALLERGIE Bei einer Allergie reagiert das Immun- system übereifrig und das führt zu Symptomen wie entzündete Augen oder rinnende Nase, oft in Begleitung von heftigen Niesattacken. Oft sind auch die Nasenneben- und Stirnhöh- len längerfristig verstopft. Eine Schwä- che in der Konzentrations- und Leis- tungsfähigkeit oder etwa Asthma können die Folge sein. Tatsächlichwer- den Allergien immer häufiger – unter anderem durch die immer stärkere Pollenbelastung. Auch führen übertrie- bene Hygiene und Antibiotika zur Ver- armung unseres Mikrobioms, man spricht auch vom sog. Bauernhofeffekt. In diesemZusammenhang ist die Gabe von Beta-Lactoglobulin (BLG) aus der Familie der Lipocaline eine neue Opti- on. BLG ist in Form von Lutschtablet- ten erhältlich und wird bereits prophylaktisch empfohlen. Die symp- tomatische, medikamentöse Therapie besteht in der Anwendung von sog. Antihistaminika oder von verschrei- bungspflichtigen kortisonhältigen Prä- paraten. Die neueren Antihistaminika sind nebenwirkungsarm und machen nicht mehr müde. Antihistaminika können auch lokal als Augen- und Nasentropfen angewendet werden. Auch alternativmedizinisch gibt es gute Optionen, beispielsweise Pflan- zenextrakte von Astragalus (Tragant) und Wirkstoffe der Schwarzen Johan- nisbeere. Mikronährstoffmäßig emp- fehle ich Allergikern eine Extraportion an Vitamin C, Calcium und Zink. Eine weitere Möglichkeit der Behandlung besteht in einer Desensibilisierung, entweder als Spritzenkur oder in spe- ziellen Fällen als Tablettentherapie. Infos in allen Apotheken. www.apotheker.or.at/steiermark moments 5/2021 79

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