moments Magazin 05-21

FOTOS: FOTO FISCHER Haben Frauen, die masturbieren, wirklich besseren Sex? Das kann so nicht gesagt werden, denn es kommt immer auf die Lebenssituati- on an. Viele junge Mädchen haben bei- spielsweise nur Sex, um es abhaken zu können und sich nicht ausgeschlossen zu fühlen. Andere Frauen haben wiede- rum nur die Möglichkeit der Masturba- tion, weil ihr Partner körperlich nicht zumGeschlechtsverkehr in der Lage ist. Andere masturbieren gar nicht, das ist völlig ok. Aber prinzipiell lernt man durch Selbstbefriedigung die eigene Lust besser kennen, weiß, was man möchte, und kann das im besten Fall dem Partner kommunizieren. Männer brauchen oft das Visuelle, deswegen schauen viele Pornos. Was ist Frauen wichtig? Das ist von Frau zu Frau unterschied- lich und hat auch viel mit unserem Zyk- lus zu tun. Um den Eisprung herum hat die Frau ammeisten Lust, zu dieser Zeit ergeben sich dann oft andere Fantasien als beispielsweise während der Menst- ruation. Die Gefühlsbasis ist ja auch eine ganz andere. Bleiben wir kurz beim Thema: Les- benpornos zählen zu den belieb- testen Kategorien bei Frauen. War- um ist das so? Auch hier kommt es wieder auf die Per- sönlichkeit der Frau an, manche sind sehr männlich geprägt und mögen somit hauptsächlich Filme mit dem anderen Geschlecht. Lesbenpornos zei- gen aber oft sehr sinnliche Seiten, die Frauen in anderen Genres vermissen. Viele, die beispielsweise in ihrem Beruf ständig taff und stark sein müssen, wünschen sich dann in der Begegnung mit sich selbst etwas ganz anderes und brauchen das Ästhetische. Viele Partner mögen es, wenn vor ihnen masturbiert wird. Wie schafft man das? Ja, das kann für den Partner sehr ero- tisch sein, solange er gut in der eigenen Sexualität verankert ist. Zur Befriedi- gung vor dem anderen braucht es aber viel Vertrauen und Sicherheit. Hat man diese zwei Komponenten, ist das Gefühl wunderbar und auch die Körper finden leichter zueinander. mal M O M E N T Barbara Thönnessen Klinische Sexologin www.barbara-thön- nessen.at chen Rechte genießt, nur weil nichts zwischen den Beinen hängt, leidet die Selbstachtung enorm. Und Nummer drei: Der religiöse Einfluss ist nach wie vor stark in unseren Köpfen präsent. Die Kirche sieht Selbstbefriedigung als Sünde. Mythen wie „Masturbation macht blind“ oder „Davon bekommt man Warzen“ wurden den Menschen eingetrichtert und sorgen noch heute dafür, dass viele sich schmutzig oder eklig fühlen, sobald sie nur an Selbstbe- friedigung denken. Nur keine Scheu. Gut aber, dass schlechte Gewohnheiten abtrainiert werden können. „Frauen müssen viel öfter einen Spiegel zwischen ihre Beine klemmen und ihr Wunder entdecken“, meint die Sexologin. Um etwas Neues zu lernen, braucht es drei Bereiche: das Visuelle, das Haptische und das Emoti- onale. Ersteres wird durch die obige Empfehlung abgedeckt. Dann geht es ans Eingemachte: nämlich sich selbst zu spüren. Wobei die Lust noch gar nicht im Vordergrund steht, viel mehr die Entdeckung des eigenen Körpers. Und wir versprechen – tastet man sich erst einmal ran, lässt der Genuss nicht lan- ge auf sich warten. Doch wie baut man eine emotionale Bindung zum Geschlecht auf? „Indemman genau dar- auf achtet, was man bei den verschiede- nen Berührungen spürt. Viele denken schlecht über ihre eigene Vulva, finden sie hässlich. Doch berühre ich mich regelmäßig, auch an den Armen, Beinen oder Brüsten, beginnt sich etwas in mir zu verändern“, so Thönessen. Das Fazit? Ein besseres Bewusstsein für den eige- nen Körper und das eigene Bedürfnis. Abtauchen. Hat man sich selbst ein- mal zum Höhepunkt gebracht, finden viele Frauen Masturbation oft besser als Sex mit dem Partner. „Circa 30% schaf- fen es beimGeschlechtsakt zu kommen, 70% hingegen vor allem bei der Selbst- befriedigung“, erläutert die Expertin. Das hat einen Grund: Die meisten befriedigen sich selbst oberflächlich, das heißt sie streicheln ihre Schamlippen oder üben Druck auf die Klitoris aus. Nur wenige tauchen ihre Finger wirk- „Sie dürfen sich selbst erlauben, etwas zu tun, was ihnen andere Menschen verboten haben, und sie werden weder blind noch taub noch mit Krankheiten bestraft.“ Barbara Thönnessen über Masturbation und Religion 82 moments 5/2021 LIFE & MORE

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