moments Magazin 7-22

Coverstory Coverstory Empathie für die Bedürfnisse des anderen lassen Paare langfristig wachsen – miteinander wachsen. Singles oder Searchers? Einer Umfrage Anfang des Jahres zufolge leben 1,8 Millionen Singles in Österreich. Das entspricht 29 Prozent der Gesamtbevölkerung und spiegelt eine konstante Situation unserer Gesellschaft wider. Besonders Menschen unter 30 haben wenig oder keine Beziehungserfahrungen. Heutige Anforderungen an junge Menschen und lange Ausbildungswege verändern so auch das Beziehungsverhalten. Während unter Singles Menschen zu verstehen sind, die sich gegen eine Beziehung entscheiden, sind Seachers bewusst nach einer Partnerschaft suchende Menschen. Dass damit oft ein Stigma einhergeht und Alleinstehende als „unvollständig“ angesehen werden, als Töpfe, die bloß noch nichtdenpassendenDeckelfindenkonnten, ist diskriminierend und kurzsichtig. Gründe für einen Singlestatus sind vielfältig und persönlich, ob bewusste Entscheidung, tragische Fügung oder ungewollte Phase. Romantische Beziehungen sind ein hohes Gut, das uns erfüllen und bereichern kann, ohne zwingend erforderlich zu sein. Kommt Zeit, kommt Rat. Einer weiteren Umfrage zufolge steigt auch dasDurchschnittsalterderMütter,­ während1989dasDurchschnittsalterderMutterzumZeitpunktderGeburtnoch bei 26,8 Jahren lag, lag 2019 das Durchschnittsalterbei31,2Jahren.SehrjungeMüttergibtesimmerweniger,­ dieZahlderälterenMütterhatsichhingegen verdreifacht. Dafür sind sowohl soziale Gründe als auch medizinische Möglichkeiten verantwortlich. Daraus könnte man schließen, dass sich mit der Lebenserwartung und den heutigen Berufsmöglichkeiten auch die Partnerwahl und die FamiliengründungeheraufdieMittealsaufden Anfang des erwachsenen Lebens verschoben haben. Manche Paare berichten von täglicher Arbeit an der Kommunikation, von Kompromissen beim Einkauf und bei den Finanzen und vom Entgegenkommen bei Urlaubs und Freizeitplänen. Andere Paare streiten, bis die Teller brechen, versöhnen sich wieder – dank Paartherapeuten wurden schon Beziehungen geheilt und in ihren Grundfesten bestärkt, andere erkannten in der Therapie, dass es Zeit ist, getrennte Wege zugehen.LetztendlichgibtessovieleBeziehungsmöglichkeiten, wie es Menschen gibt. Wir verändern uns im Laufe unseres Lebens und mit uns unsere Beziehungen. Mit 18 Jahren haben wir andere Prioritäten, haben andere Bedürfnisse, als wir sie mit 30 oder 50 Jahren haben. Wachstum kann in einer Beziehung funktionieren, Freiheiten könnenfürsichgeschaffenwerden,­ Raum für Veränderung und Weiterentwicklung ist in guten Beziehungen vorhanden. Und manchmal ist das traurige Ende einer Beziehung ein gleichzeitiger Neubeginn. All about feelings. Emotionen sind ein wichtiger Bestandteil für funktionierende Beziehungen. Der bekannte Funke, der überspringt, das starke Gefühl zwischen Verliebten und die SchmetterlingeimBauch:einechemische Reaktion unseres Körpers. Neurologen haben herausgefunden, dass Hormone wie Dopamin, die beim Anblick eines geliebten Menschen ausgeschüttetwerden,füreineVeränderung der Wahrnehmung sorgen. Für die Bindungsfähigkeit sind die Hormone Oxytocin und Vasopressin essenziell, sie mindern Angst und Stress und erhöhen unser Vertrauen. Wie wir individuell einen Menschen auswählen, in den wir uns verlieben, bleibt Gegenstand der Forschung – dass romantische Liebe ein lebenswichtiger biologischer Mechanismus ist, um Partnerschafteneinzugehenundunsfortzupflanzen,istsicher. Nach den Schmetterlingen. Irgendwann – Experten sprechen von ein bis drei Jahren – ist die Zeit der rosaroten Brille vorbei. Langsam, aber sicher klärt sich das blumige Bild vollerZuckerwatte,HerzchenundLuftsprüngen und gleicht sich der Realität an. Die Brille mit den rosa Gläsern wird ausgewechselt gegen funktionales Brillenglas und unser Partner begegnetunsplötzlichnichtmehrnuralsattraktiver,lustigerundgroßartiger Mensch. Mit der Zeit erkennt man alleFacettendesGegenübers,vonnervigenMarottenbishinzuunangenehmen Angewohnheiten – ganz unabhängig von der Art der Beziehung.„DieMenschenheutzutageerwarten zu viel von ihren Part­ „Wir haben uns immer ganz bewusst Zeit für uns genommen, wenn die Kinder im Bett waren, immer wenn es irgendwie möglich war. Bewusste Zweisamkeit trotz des Alltagschaos, zwischendurch aktiv Zeit verbringen bei einemDate oder Ausflug nur zu zweit sind uns bis heute wichtig. Wenn der Partner nicht mehr gewertschätzt wird und man sich denkt, der andere ist eh immer da, dann wird es heikel.“ LANGZEITBEZIEHUNG Marianne (51) und Daniel (51) sind seit der Hauptschule ein Paar, haben drei Kinder und nie geheiratet. „Ich will andere Menschen kennenlernen und neue Verbindungen spüren. Aber das funktioniert nur, weil unsere Beziehung von Grund auf sehr stark ist. Totale Transparenz und eine gute Kommunikation sind das A und O. Und ja nicht etwas in sich hineinfressen. Außerdem haben wir uns Regeln ausgemacht, an die wir uns halten.“ OFFENE BEZIEHUNG Tanja (34) und Anna-Maria (39) sind seit vier Jahren in einer offenen Beziehung und leben zusammen. FOTOS: OLEH SVETIUKHA/ ISTOCK /GETTY IMAGES PLUS, HISPANOLISTIC/ E+ /GETTY IMAGES PLUS FOTO: ND3000 /OLEH SVETIUKHA/ ISTOCK /GETTY IMAGES PLUS moments 7/2022 23 22 moments 7/2022 Miteinander zu leben und sich zu lieben ist eine lebenslange Aufgabe. Hilfreich dabei ist eine ehrliche und liebevolle Kommunikation mit einer Menge Geduld und einer Portion Humor. Hohe Erwartungen und realitätsfremde Konzepte können Schwierigkeiten mit sich bringen. Wichtig ist es, gemeinsam zu erkunden, was man für ein glückliches Leben braucht. ä

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