moments Magazin 7-22

Coverstory Coverstory FOTO: G-STOCKSTUDIO/OLEH SVETIUKHA/ ISTOCK /GETTY IMAGES PLUS FOTO: MARJAN_APOSTOLOVIC/OLEH SVETIUKHA/ ISTOCK /GETTY IMAGES PLUS moments 7/2022 25 24 moments 7/2022 nern“, sagt der Philosoph Alain de Botton,deraucheinigeBücherüberBeziehungen geschrieben hat. Niemand kann unsere Gedanken lesen und zu glauben, ein Seelenverwandter könnte das, sei fatal. Denn auch die große Liebe kann uns unsere Träume nicht von denAugen ablesen, oft müssen wir uns erklären, diskutieren und viele Gespräche führen, um uns gegenseitig zu verstehen. Das kostet zwar Zeit und Arbeit, lohnt sich aber meistens. Institution Ehe. Sich das Jawort geben und sich in gutenwie in schlechten Zeiten zur Seite stehen, ist eine Entscheidung fürs Leben. Und dieses Versprechen wird immer noch gerne gegeben. Dass die traditionelle Rollenteilungundeinejuristischdefinierte Beziehung aber nicht mehr der einzige Weg sind, um sich zur gemeinsamen Liebe zu bekennen, ist längst klar. Von der symbolischen Kraft, die von einer Eheschließung ausgeht, berichten viele Verheiratete. Lange Zeit waren Scheidungen für das soziale Zusammenleben undenkbar. Ökonomische Bedingungen, besonders zumNachteil der Frauen, und familiäre Sicherheit sprachen lange Zeit für eine Verehelichung. Bis heute ist es auch eine praktische Entscheidung: Das Leben zu zweit ist oft preiswerterundschlichteffizienter.­ Gerade wenn Kinder im Spiel sind, ermöglicht Teamwork eine Arbeitsteilung. Alleinerziehend zu sein, geht oft mithohemfinanziellemDruckundstraffemZeitmanagementeinher,zuzweit könnenAusgaben geteilt werden. Mit der steigenden Lebenserwartung – als sich die Ehe institutionalisierte, wurden die Menschen etwa halb so alt wie heute – wird es nachvollziebar, dass wirheuteoftmehrereanstatteinenlangjährigen Partner im Leben haben. Intimität verbindet. Neben gesellschaftlicherundfinanziellerStabilität,­ die eine Partnerschaft mit sich bringen kann, sind Nähe, Geborgenheit und Intimität wichtige Säulen einer glücklichen Beziehung. Starke Gefühle und eine befriedigende Sexualität waren lange Zeit eher erfreuliche Zugaben als selbstverständlicheVoraussetzungen.­ Durch gesellschaftliche Veränderungen hat sich auch das Beziehungsleben weiterentwickelt und eine offene Kommunikation über Vorlieben und Bedürfnisse ist zielführender als unausgesprochene Erwartungen. Die Sprache(n) der Liebe. Mit den fünf Buchstaben des deutschen Wortes „Liebe“ schwingen eine Menge Erwartungen, Wünsche und vorgefasste Bilder mit. Fünf Sprachen der Liebe hat auch der amerikanische Autor und Paarberater Gary Chapman in seinem Buch festgehalten. Eine Sprache der Liebe ist „Lob & Anerkennung“ – verbal ausgedrückte Anerkennung, Dank undausgesprocheneWertschätzungsind für viele Menschen eine Art, ihre Liebe zu zeigen. Andere zeigen ihre Zuneigung zu ihrem Partner durch Zweisamkeit, bewusste Quality Time also, um mit dem Liebsten Zeit zu verbringen. Eine weitere Sprache der Liebe bezeichnet Chapman als „Geschenke, die von Herzen kommen“: Bewusst überlegt, worüber sich der Herzensmensch freut, kann ein wohl überlegtes Geschenk zeigen, wie sehr jemand mitdenkt, zuhört und dieWünsche des anderen kennt. Eine weitere Sprache der Liebe ist die Hilfsbereitschaft, die sich oft in kleinen Gesten und alltäglichen Aufmerksamkeiten zeigen. Ob es derfrischgemahleneKaffeeansBettserviertistoderdasungebeteneÖffnender Tür, wenn man nach einem langen Arbeitstag nach Hause kommt. Unter ZärtlichkeitvereintChapmandieletzte Sprache der Liebe, zärtliche Berührungen, Händchenhalten und im Vorbeigehen ein Kuss auf die Schulter: So verstehen manche Menschen am besten die Liebe des Gegenübers. Auch wenn die Sprachen der Liebe wohl facettenreicherinallihrenNuancensind, so wohnt dem Gedanken doch eine wichtige Botschaft inne: Jeder versteht die Liebe und Zuneigung des Gegenübers über andere Kanäle. Ob in einem Strauß voller Rosen, in einem flüchtigenIn-die-Wange-Kneifen,obmit einer Schachtel Lieblingspralinen oder der ungeteilten Aufmerksamkeit bei einem Gespräch: Erst wenn wir die Sprache unserer Liebsten erkennen, die Gesten, Geschenke oder großen Worte als Bezeugung der Liebe wahrnehmen, können wir diese Sprache auch verstehen. Am Ende des Tages sind die Beziehungen so verschieden wie wir Menschen, und zwischen dem Sich und das GegenüberseinLassen zeigt dieLiebevieleihrerFacetten:liebevolles Verständnis, unermüdliche Geduld, tiefes Vertrauen und Respekt, der uns auch inAusnahmesituationen erhalten bleiben sollte. v SPÄTE HOCHZEIT ÜBER 60 JAHRE EHE „Dass ich so spät zum ersten Mal heirate, hätte ich nie gedacht, das hätten wir beide nie gedacht. Aber wir beide haben uns selbst kennengelernt in anderen Beziehungen, haben uns ausgelebt und so wurden uns unsere Bedürfnisse bewusst. Wahrscheinlich klappt es deswegen so wunderbar. Wir haben uns zur richtigen Zeit getroffen, wissen was wir wollen und wir wollen das Leben gemeinsam erleben.“ „Wenn man sein ganzes Leben miteinander teilt, ist die Hauptsache, dass man sich gegenseitig sein lässt und mag, wie man ist. Ja, das erfordert auch Kompromisse und kann einen auch mal zur Weißglut treiben. Aber wenn man sich entschieden hat, ein Leben zusammen zu verbringen und der Wunsch erhalten bleibt, dann muss ich meinen Partner so nehmen, wie er eben ist.“ Anja (59) und Konrad (59) haben sich vor 14 Jahren über ein Zeitungsinserat kennengelernt und vergangenes Jahr geheiratet. Pauline (86) und Herbert (92) haben 1962 geheiratet und vier gemeinsame Kinder. Im Leben liegen Liebe und Leid näher beieinander, als uns das lieb wäre. Liebeskummer, Trennungsschmerz oder der Verlust eines Partners hinterlassen tiefe Wunden und brauchen oft viel Zeit zur Heilung. Wir verändern uns im Laufe unseres Lebens und mit uns unsere Beziehungen. Mit 18 Jahren haben wir andere Prioritäten und andere Bedürfnisse, als wir sie mit 30 oder 50 Jahren haben.

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