moments Magazin 2-22

S FOTOS: CHRIS ZENZ, PRIVAT Sie haben sich nach der Geburt Ihres Sohnes einen „Papa-Urlaub“ genommen. Wie lässt sich diese Zeit zusammenfassen? Die Geburt meines Sohnes, ihn auf derWelt begrüßen zu können, ihn in den Arm zu nehmen, war etwas ganz Besonderes. Ich habe mir dann ein Monat Zeit genommen, um für ihn und meine Lebensgefährtin da zu sein. Durch den Abstand zur Politik habe ich eine etwas andere Sicht auf die Dinge bekommen. Verändert ein Kind die Sicht auf politische Themen? Es ist für mich ein Ansporn, dass mein Kind morgen in einer Welt aufwächst, die besser ist als heute. In der Steiermark haben wir vor allem imBereich Elementarbildung Auf- holbedarf. Die Gruppen sind zu groß und das Angebot ist nicht ausreichend. Im länd- lichen Raum kommt das Problem hinzu, dass die Öffnungszeiten nicht adäquat sind. Die Eltern können Familie und Beruf nur schwer verbinden. Die NEOS haben sich Bildung groß auf die Fahnen geschrieben. Was muss hier passieren? Ich glaube, dass mein Sohn in einem Beruf arbeitenwird, den ich heute noch nicht ken- ne. In unseren Schulen bereitenwir ihn aber mit Methoden von gestern darauf vor. Da müssen wir ansetzen: Angefangen bei den Krippen über die Kindergärten bis hin zu den Schulen. Jedes Kind muss die Möglich- keit bekommen, seine persönlichen Talente zu entfalten. Wir müssen davon wegkom- men, unseren Kindern immer nur zu sagen, was sie nicht können. Ein guter Anfang wäre, wenn wir das Betreuungsverhältnis von einer Pädagogin pro 25 Kinder auf eins zu sieben reduzieren. Davon sind wir in der Steiermark, aber auch im Rest von Öster- reich, meilenweit entfernt. Seit fast zwei Jahren schlagen wir uns jetzt mit dem Coronavirus her- um. Was kann man aus der Krise für die Zukunft mitnehmen? Wir müssen uns besser vorbereiten. Wir haben viele Problemstellungen, die uns wäh- rend Corona auf den Kopf gefallen sind, aber schon davor bekannt waren. Corona hat da wie ein Brennglas gewirkt. Das betrifft vor allem die Bereiche Pflege, Ele- mentarpädagogik und Digitalisierung. In den Schulen haben wir gesehen, wie wich- tig eine zeitgemäße technische Ausstattung ist. Genau diese Themen müssen wir jetzt anpacken.Wirmüssen raus aus der Ausnah- mesituation und die großen Themen, die wir so lange vor uns hergeschoben haben, endlich anpacken. Sie haben sich gegen die Impf- pflicht ausgesprochen. Warum? Wir haben als einzige Partei unseren Abge- ordneten die Entscheidung überlassen, ob sie für oder gegen die Impfpflicht stimmen. Ich persönlich habe mich dagegen ausge- sprochen, weil ich gesehen habe, dass viele Politiker, vor allem die Landeshauptleute, die eine Impfpflicht gefordert haben, im Hintergrund nicht die Infrastruktur geschaf- fen haben, ein solche auch umzusetzen. Genau daran scheitert die Impfpflicht der- zeit auch. Außerdem ist die Gesellschaft sehr polarisiert. Ich will auch lieber das Ver- bindende in denMittelpunkt stellen, anstatt weiter zu eskalieren. Kann es ohne Impfpflicht nicht sein, dass wir im Herbst wieder über Lockdowns diskutieren müssen? Gegenfrage: Glauben Sie, dass sich viele Menschen durch die Impfpflicht hätten impfen lassen? Die Impflicht gilt ja bereits und wir sehen, dass dadurch die Impfquote nicht steigt. Wir müssen auch festhalten, dass die Kommunikation der Regierung in der Pandemie uns langfristig nicht beson- ders geholfen hat, da sie sehr auf Angst, Druck und Zwang aufgebaut hat. Ich binmir sicher, dass die Steirerinnen und Steirer klug genug sind, die richtigen Entscheidungen zu treffen, ohne dass ihnen jemand von oben vorsagt, was sie zu tun haben. Sie haben die Spaltung in der Gesellschaft erwähnt. Können Sie die Unzufriedenheit verstehen? Ich kann nicht ganz nachvollziehen, warum man sich mit extremen Rechten und Anti- semiten in eine Reihe stellt. Ich kann aber jeden verstehen, der mit den Maßnahmen unzufrieden ist oder Angst vor der Impfung an sich hat. Wie kann man diese Gräben wie- der zuschütten? Wir sind in einer Situation, wo wir nur mehr in unseren eigenen Blasen kommunizieren. Anstatt übereinander sollten wir wieder miteinander reden. Nach der Coronakrise wartet mit der Klimakrise schon die nächsten Herausforderungen auf uns. Was muss jetzt passieren, dass wir die Klimaziele noch erreichen? Das Wichtigste ist, dass wir nicht auf unse- re große Stärke vergessen. Wir müssen auf Forschung und Innovation setzen. Die Stei- ermark forciert mit demGreentech-Cluster Technologien, die CO 2 reduzieren können. Dabei sollte ein Augenmerk darauf gelegt werden, diese klimafreundlichen Technolo- gien in andere Länder zu exportieren. Zusätzlich müssen wir unser Steuersystem ökologisieren und gleichzeitig die Bevölke- rung entlasten. l moments 2/2022 109

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