moments Magazin 6-22

Z u Beginn müssen wir kurz über den Rück- zug von Hermann Schützenhöfer spre- chen. Hat Sie der Zeitpunkt überrascht? Ich habe mir schon gedacht, dass Schützenhöfer in absehbarer Zeit in den verdienten Ruhestand geht. Wenn es dann doch relativ rasch passiert, ist man trotzdemüberrascht. Er hat es mir aber ein paar Tage vorher mitgeteilt. Wie ist Ihr Verhältnis zu seinem Nachfolger Christopher Drexler? Mit Christopher Drexler verbindet mich eine enge Zusammenarbeit. Wir haben von Beginn an die Koalitions- verhandlungen geführt und machen auch gemeinsam die Budgets. An der „harmonischen“ Zusam- menarbeit in der Regierung wird sich also nichts ändern? Nein. Wir haben eine Koalitionsverein- barung geschlossen, die sich in unserer Agenda Weiß-Grün manifestiert. Da haben wir in allen Bereichen Arbeits- schwerpunkte aufgeschrieben und vereinbart. Nach zweieinhalb Jahren haben wir vieles erledigt, aber einiges ist auch noch offen. Schon Corona hat unsere Tätigkeit in der Regierung stark beeinflusst und jetzt sind wir durch diesen furchtbaren Krieg in der Ukrai - ne schon in die nächste Krise geschlit- tert. Diese Teuerungswelle hat uns vor neue Aufgaben gestellt. Trotzdem wollen wir unser Arbeitsprogramm bis zur nächsten Landtagswahl 2024 abarbeiten. Stichwort Krise: Wie reagiert das Land auf die steigenden Kosten? Wir stehen vor dem Problem, dass aufgrund der Teuerung die Heizkos - ten, Wohnkosten und Betriebskosten so gestiegen sind. Viele Leute können sich das nicht mehr leisten. Wir haben als erstes Bundesland den Menschen, die es am dringendsten brauchen, den Heizkostenzuschuss erhöht. Zusätz - lich erhalten jene, die im vergangenen Winter entweder einen Heizkostenzu - schuss oder eine Wohnunterstützung bekommen haben, eine Einmalzah - lung von 300 Euro – ganz ohne Ansu - chen. Das betrifft zwischen 50.000 und 60.000 Menschen. Schon Corona hat ein Loch in den Finanzhaushalt gerissen. Wie kann sich das Land die zusätzli- chen Ausgaben leisten? Zu meinem Amtsantritt war es das Ziel, eine schwarze Null im Budget zu erreichen, also keine neuen Schul- den machen. Aufgrund von Corona war das nicht möglich. Aus heutiger Sicht muss ich einräumen, dass es in dieser Legislaturperiode nicht mög - lich sein wird, dieses Ziel zu erreichen. Das muss uns allen klar sein. Für die Maßnahmen, die während der Pande- mie getroffen getroffen wurden, war jeder Euro gerechtfertigt. Natürlich kann man darüber diskutieren, ob je - der Euro auch treffsicher war. Das hat uns in unserem Budget und Konsoli- dierungsprozess zurückgeworfen. Als Landesfinanzreferent sage ich aber in aller Deutlichkeit, dass es unsere Ver- antwortung ist, unseren Nachkom- men keinen Schuldenberg zu hinter- lassen. Die Grazer Stadtregierung hat ein Verkehrskonzept präsentiert. War das Land eingebunden und wie stehen Sie zu dem Vorhaben? Als Verkehrslandesrat habe ich immer gesagt, dass man das Thema Verkehr in der Stadt Graz nicht isoliert sehen darf. Das Problem fängt nicht bei der Ortstafel an und hört dort auch nicht auf. Man muss die Stadt Graz im Zu - sammenspiel mit dem gesamten Bal- lungsraum sehen. Wenn 100.000 Men- schen jeden Tag ein- und auspendeln und 80.000 Grazer jeden Tag ein- und auspendeln, dann hat man viel Ver- kehr. Deshalb muss der öffentliche Verkehr stark ausgebaut werden. Wir haben die S-Bahn und dort, wo wir keine Schienen haben, die Regiobus- Systeme ausgebaut. Zusätzlich wird massiv in den Radverkehr investiert. Es muss uns mit unseremAngebot ge - lingen, dass kurze Strecken nicht mit dem Auto gefahren werden. Dann ha - ben wir schon viel erreicht und brau- chen keine Gewaltmaßnahmen. Kürzlich haben Sie in einem Inter- view angedeutet, dass Sie Lan- deshauptmann werden wollen. Kann man mit einer „Harmonie“- Koalition die ÖVP überholen? Auf jeden Fall. Ich bin wieder sehr viel unterwegs und freue mich, dass ein Großteil der Leute das gute steirische Klima schätzt. Das heißt, die Grund - stimmung für eine harmonische Ko - alition ist auf jeden Fall da. Natürlich haben wir bei verschiedenen Themen andere Zugänge. Letztendlich müssen die Wähler 2024 entscheiden, wem sie ihre Stimme geben. ImÜbrigen tut uns auch der Rückenwind aus der Bundes- politik gut. Das war nicht immer so. ❖ ANTON LANG. Der gebürtige Leobener ist seit 2016 Mitglied der stei- rischen Landesregierung und seit 2019 Landes- hauptmann-Stellvertreter. moments 6/2022 107 FOTOS: TTRIMAKS People

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