moments Magazin 7-22

88 moments 7/2022 Life FOTOS: TOBIAS HASE / DPA/PICTUREDESK.COM kein Gehalt mehr überwiesen wird. Dieser reflexhafte Einspruch zeigt aber vor allem eines: Der Ruhestand ist ein riskantes Unterfangen. Wie damit umgehen? Vertrauen als Basis. Eine Strategie: einfach nicht aufhören zu arbeiten. Spricht man Danielle Spera auf ihren Abschied als Direktorin des Jüdischen Museum Wien an, sagt sie: „Es ist weder Loslassen noch Losreißen. Es ist ein Übergang von einer Beschäftigung zu einer anderen.“ Dass die einstige ZIB-Moderatorin nach der Übergabe der Museumsleitung die Hände in den Schoß legt, ist ausgeschlossen: „Mein erstes Vorhaben ist ein privates, die Hochzeit meines Sohnes. Danach werde ich einige spannende Projekte umsetzen, die sich mit Kunst, Kultur, Medien und dem Judentum beschäftigen.“ Wird sie sich darüber hinaus neuen Hobbys widmen? Spera: „Meine Leidenschaften stehen im Großen und Ganzen im Zusammenhang mit meinem beruflichen Umfeld, daher wird sich in dieser Beziehung nicht viel ändern.“ One-Way-Ticket. Das ist bei Andrea Fichtenbauer ganz anders. Ihr Arbeitsplatz: das Krankenhaus. Für die Mutter von drei erwachsenen Kindern war der Beruf, den sie ihr Leben lang ausgeübt hat, mehr als ein Job. Dennoch Mit 67 Jahren wechselte ich in den Ruhestand, von dem ich keine genaue Vorstellung hatte. Von Männern (…) wusste ich allerdings, wie schwer manche das Ende der Karriere verkraften. Patricia Riekel musste sich auch erst auf die neue Situation einstellen. Patricia Riekel (72) ist freie Autorin, schreibt Bücher und arbeitet an TV-Serien mit. Die Journalistin war 20 Jahre Chefredakteurin des People-­ Magazins BUNTE. hat sie heute komplett damit abgeschlossen. „Bis 63 zu arbeiten, das war das Ziel, auch damit ich die Kinder noch unterstützen kann.“ Und so kam es auch. An ihrenAbschied erinnert sie sich immer wieder gern. „Die Kollegen haben meinen Schreibtisch und mein Auto in der Tiefgarage geschmückt, es gab ein Buffet und Geschenke.“ Vor allem aber wurde ihr viel Wertschätzung entgegengebracht. „So viele haben sich die Zeit genommen und sich für die gute Zusammenarbeit und meine Unterstützung bedankt!“ Der letzte Dienst war eine Nachtschicht. Zwei Tage später flog die frisch gebackene Pensionistin auf ihre griechische Lieblingsinsel – one way. „Das hatte ich mir fest vorgenommen: so lange zu bleiben, wie es mir gefällt, und nicht, wie es der Dienstplan erlaubt.“ Sechs Wochen später kehrte sie nach Wien zurück. Übrigens mit einem neuen Lebensgefährten an ihrer Seite, einem Burgenländer, der zur gleichen Zeit auf der Insel Urlaub machte. Soziales Netzwerk. Was Andrea Fichtenbauer an ihrem neuen Leben genießt: die Flexibilität, mit der sie ihren freien Alltag gestalten kann. „Wenn ich mit einer Freundin eine Ausstellung besuchen will, dann machen wir es eben gleich morgen. Ich habe begonnen, Kroatisch zu lernen, und der nächste Griechenland-Trip ist auch schon fix.“ Als Angestellte im Gesundheitswesen hatte Fichtenbauer einen systemerhaltenden Beruf. Ob ihr jetzt Sinn in ihrem Leben fehlt? „Nein,“, sagt sie mit Nachdruck, „ich bin auch ohne Arbeit glücklich.“ Entscheidend sei aber, sich bereits vor dem Tag X mit dem neuen Lebensabschnitt auseinanderzusetzen. „Man sollte sein Netzwerk schon geknüpft haben.“

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