B U C H Tipp Marc Engelhardt „Ich bin dann mal nackt“ Goldmann 14,40 Euro Getrieben von der Faszination des Nacktseins begab sich der Journalist auf eine spannende Reise zu den unverhüllten Kulturen. moments 9/2022 73 Life FOTOS: AMOKLV/ISTOCK/GETTY IMAGES PLUS, VERLAG bar. Übrigens: Ohne das Gefühl der Scham hätte es die Menschheit wahrscheinlich nie so weit gebracht. Ständig entblößte Genitalien zu sehen, erweckt Triebe. Kurzum gesagt: Der Mensch würde andauernd an Sex denken und hätte somit wenig Zeit, anderen wichtigen Arbeiten, früher Ackerbau, Viehzucht und Co. nachzukommen. Forscher haben sogar herausgefunden, dass selbst indigene Völker, die nach wie vor nackt oder fast nackt leben, ein Schamgefühl besitzen. Die Kwoma in Neuguinea praktizieren beispielsweise ein strenges Blick-Protokoll: Männern ist es nicht erlaubt, den Frauen auf die Brüste oder den Genitalbereich zu schauen. Begegnen sich die beiden Geschlechter auf einem Pfad, spricht man Rücken an Rücken. Versteckspiel. Vor etwa 170.000 Jahren begann die Menschheit, ihre Körper zu verdecken. Zuerst mit Blättern und Leder, später mit Textilien. In gewisser Weise verstärkt gerade das Verhüllen der Intimbereiche die sexuelle Anziehung, denn dadurch wurde der gesamte Körper zur erotischen Projektionsfläche. Ob nackte Oberschenkel, volle Lippen. seidiges Haar oder eine markante Kinnlinie sonst je sexy geworden wären? Experten bezweifeln es. Nackte Wahrheit. Wie man mit dem Thema umgeht, bleibt jedem selbst überlassen. Hin und wieder nackt zu sein, kann sich aber auch positiv auf die physische wie psychische Gesundheit auswirken. Haben Sie beispielsweise schon einmal den Bikini und die Badehose beim Sprung ins kalte Nass weggelassen? Falls nein, sollten Sie es unbedingt auf Ihre Bucket List setzen. Es gibt wenige Momente, an denen man sich lebhafter fühlt. Zahlreiche Studien beweisen außerdem, dass gelegentliches Nacktsein das Selbstwertgefühl steigert und ein besseres Körperbild schafft. Wer sich langsam rantasten möchte, kann im Eigenheim damit anfangen: beim Nacktschlafen. v Wer Nacktheit als Blöße sieht, stellt sich selbst bloß. Klaus Ender, Autor, Poet, Fotograf
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