moments Magazin 1-23

moments 1/2023 131 130 moments 1/2023 FOTO: SAKURRA/ ISTOCK /GETTY IMAGES PLUS FOTOS: SHAIITH/VENANSIUS MARTINUS MAROT / ISTOCK /GETTY IMAGES PLUS Life Life chmackhaft, wunderschön, hochgiftig, omnipräsent, ambivalent, gesund, hochinteressant, … es gibt unzählige Adjektive, um das Wunder Pilz zu beschreiben. Überall, wo wir sind, was wir essen, in unserem Körper und in unserer Umgebung sind sie – ein einziges verbundenes Netzwerk. Sie können uns retten oder bedrohen und wir fangen gerade erst an, sie zu verstehen: das Königreich der Pilze. Pilze sind keine Pflanzen, aber auch keine Tiere und bilden ein eigenes Reich. Einerseits sind sie Pflanzen ähnlich, weil sie sich nicht fortbewegen können, aber eigentlich sind sie mit Tieren viel näher verwandt. Andererseits bilden sie keine Photosynthese, sondern ernähren sich durch gelöste organische Substanzen. Fruchtkörper. Pilze haben keine Photosynthese-Pigmente, sondern beziehen ihre Nahrung aus toten oder lebenden Organismen. Dank ihrer winzigen, leicht verbreitbaren und oft in ungeheuren Mengen gebildeten Sporen sind Pilze allgegenwärtig und doch nur selten augenscheinlich. Viele können nur im Mikroskop erkannt werden, fast alle wachsen verborgen als fein verästeltes Geflecht im jeweiligen Substrat. Wir nehmen noch am ehesten jene Arten wahr, die Fruchtkörper bilden. Bei den Fruchtkörpern handelt es sich um kurzlebige sowie Sporen bildende Strukturen, die wir gemeinhin als Pilz bezeichnen. Im Gegensatz zum Pilzmyzel ist es der sichtbare und oberirdisch wachsende Teil von mehrzelligen Pilzen. Also das, was wir im Wald finden und eigentlich nur für die Vermehrung zuständig ist. Es ist also nur die Spitze des Eisbergs, denn das aus riesigen feinen Fäden bestehende Myzelgeflecht ist der eigentliche Hauptteil der Pilze. Die als kulinarische Köstlichkeit verehrten Trüffeln, Steinpilze oder Morcheln sind also nur die Vermehrungsstadien der Arten, ähnlich den Äpfeln des Apfelbaumes. Wood Wide Web. Pilze formten alles Leben. An den Anfängen der Evolution, vor einer Milliarde Jahren, erwachte der Planet aus einer Eiszeit. Mikroskopische Pilze gehörten zu den Anfängen des Lebens. Die Symbiose aus Algen und Pilzen bildete den biologischen Urknall. Die Pilze halfen den Pflanzen, sich von kleinen Gewächsen zu großen Wäldern und Ökosystemen zu entwickeln. Bis heute dienen Pilze der Kommunikation zwischen den Bäumen, das riesige Netzwerk unter den Wäldern versorgt sie und funktioniert wie eine Internetverbindung. Der Pilz verändert ständig seine Form, breitet sich aus und durchdringt sogar Stein, aus welchem Pilze Mineralien fördern. Recycling. Zusammen mit den Bakterien bilden Pilze die Zersetzerorganismen im Stoffkreislauf unserer Ökosysteme. Sie bauen beispielsweise Holz, vertrocknete Blätter, Früchte, aber auch Horn und Fette ab. Dabei führen sie Stickstoffverbindungen und andere Stoffe in den Boden zurück, die dadurch Pflanzen und Tieren erneut zur Verfügung stehen. Diese „Recycling“-Aufgabe macht Pilze aus ökologischer Sicht zu den Ernährern des Waldes. Eine weitere Schlüsselrolle haben Pilze als Symbiosepartner. Die meisten unserer Bäume leben mit solchen Pilzen in Symbiose. Drei Gruppen. Man kann Pilze anhand ihrer Lebensweise in drei große Gruppen einteilen, die alle eine unentbehrliche Rolle im weltweiten Ökosystem spielen. Die erste Gruppe umfasst die sogenannten Mykorrhiza-­ Pilze, die in Symbiose mit Pflanzen leben – eine Lebensgemeinschaft mit beiderseitigem Nutzen. Beispiele sind viele beliebte Speisepilze wie Eierschwammerl oder Birkenpilz. Demgegenüber stehen die beiden weiteren Gruppen der Fäulnisbewohner und die Parasiten. Erstere ernähren sich von totem pflanzlichem Material wie Laubstreu oder Totholz. Dieser Prozess ermöglicht das Leben, sie sind sozusagen die Müllabfuhr des Waldes. Die Parasiten sind hingegen auf einen lebenden Wirt angewiesen und schaden diesem. Zu dieser Gruppe gehören neben vielen medizinisch relevanten Pilzen auch einige gefürchtete Forstschädlinge wie Hallimasch und Wurzelschwamm. Bislang sind etwa 100.000 Pilz-Arten beschrieben worden. Man geht allerdings davon aus, dass weltweit bis zu fünf Millionen Arten existieren. Somit sind Pilze nach den Insekten die artenreichste Organismengruppe. S Lamellen Sporenfreigabe Inokulation Sporenkeimung Myzel-Erweiterung Pilzmyzel Hyphenknoten Primordium Entstehung eines Fruchtkörpers Sporen produzierender Fruchtkörper Reifer Fruchtkörper Sporen DER LEBENSZYKLUS EINES PILZES Weil Pilze kein Chlorophyll enthalten, können sie auch keine Photosynthese betreiben. Sie bauen stattdessen Pflanzenteile ab und stellen sie Tieren und Pflanzen zur Verfügung. ä

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