moments Magazin 1-23

36 moments 1/2023 Coverstory FOTOS: ARCHAYASIT/ISTOCK/GETTY IMAGES PLUS *NAME AUF WUNSCH VON DER REDAKTION GEÄNDERT Irgendwann hat Manuela* nichts anderes mehr gemacht als Selfies: Rund sechs Stunden pro Tag verbrachte die Mitte-20-Jährige damit, Fotos von sich zu schießen, durchzusichten und Makel zu finden, wo eigentlich gar keine waren. Hat das Gesicht gepasst, gab es plötzlich ein störendes Muttermal am Hals, eine zu kleine Brust oder Probleme mit dem Po. Am Zenit ihrer Erkrankung machte sie täglich bis zu 200 Selfies, mied das soziale Leben und traf sogar DatingPartner nur mehr virtuell. Filter statt Realität. Manuelas Geschichte ist schon längst kein Einzelfall mehr. Das Phänomen „SelfieDysmorphie“ betrifft immer mehr junge Frauen aus der Generation Z, also der Altersgruppe, die zwischen 1997 und 2012 zur Welt gekommen ist. Prinzipiell ist der Begriff leicht erklärt: Menschen wollen auch in der Realität so aussehen wie auf ihren mit Filter bearbeiteten Selfies. Dafür werden weder Kosten noch Mühen gescheut – der Aufwand erstreckt sich von minimal-invasiven Eingriffen bis zu aufwendigen Schönheitsoperationen. Laut der AAFPRS, der Amerikanischen Akademie für Plastische und Rekonstruktive Gesichtschirurgie, haben schon im Jahr 2017 55 Prozent der Plastischen Chirurgen bestätigt, schon einmal Patienten gehabt zu haben, die Eingriffe durchführen lassen wollten, um besser auf ihren Selfies und Fotos auszusehen. „Früher wollten Frauen so aussehen wie ihre Schönheitsideale, etwa wie Heidi Klum oder Jennifer Lopez. Heute wünschen sie sich eine Veränderung, die teilweise nichts mehr mit der Realität zu tun hat“, erklärt Simone May, Allgemeinmedizinerin mit Schwerpunkt auf ästhetischer Medizin und Mitbegründerin von MARA. Ernste Diagnose. Wobei man mit dem Begriff „Selfie-Dysmorphie“ vorsichtig umgehen muss, denn hierbei handelt es sich um eine ernstzunehmende Erkrankung, die zu den Körperwahrnehmungsstörungen zählt und eine psychische Diagnose und Behandlung erfordert. Betroffene sind quasi süchtig nach Perfektion und beschäftigen sich ständig mit ihrem eigenen Aussehen und suchen nach etwaigen Fehlern. „Das Problem ist, dass Betroffene zum Plastischen Chirurgen gehen, statt sich die Hilfe zu suchen, die wirklich nötig wäre. Aber eine OP macht es nur noch schlimmer und sorgt für eine Fixierung auf das Thema. So entsteht I ZU DICK, ZU DÜNN. Körper-Dysmorphien sorgen dafür, dass der eigene Körper anders betrachtet wird, als er eigentlich ist.

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