moments Magazin 10-21

FOTOS: FLORIAN RAFFELSBERGER, SDI PRODUCTIONS/E+/GETTY IMAGES Frauen und ihre Kinder vor gewalttäti- gen Männern schützen und ihnen trotz- dem ein Leben ohne Angst bieten. Die Schuldtragende. Viele Opfer schweigen jedoch aus den unterschied- lichsten Gründen. Manche aus Scham. Manche, weil sie nicht wissen, wie ihnen geschieht. Und manche, um den Mann zu schützen. Doch häusliche Gewalt ist nichts, wofür man sich schä- men muss. Vielmehr ist es eine Situati- on, in die jede Person geraten kann. Wichtig ist nur Folgendes: Es ist nicht die Schuld der Frau. Und Gewalt ist nichts, mit dem man leben muss. Hilfe bieten. Sollte man als Außen- stehender bemerken, dass eine Person häuslicher Gewalt ausgesetzt ist, gibt es viele Wege, um zu helfen, wie etwa ein offenes und ehrliches Gespräch, in dem man der Betroffenen signalisiert, dass man vertrauenswürdig ist. Niemals soll- te jedoch über den Willen der Frau hin- weg entschieden werden. Wenn sie also beispielsweise nicht in ein Frauenhaus möchte, sollte man sie nicht dazu zwin- gen. So wird nur das Vertrauen geschmälert. Generell sollten Betroffe- ne nie unter Druck gesetzt werden, auch nicht, wenn sie nicht darüber reden wollen. Viele Opfer leiden unter post- traumatischen Belastungen, sind ver- wirrt, ängstlich und leicht überfordert. Anzeichen erkennen. Und wie erkennt man eine Betroffene? Verhal- tensauffälligkeiten wie plötzliches Schweigen, vermehrt auftretende blaue Flecken oder Selbstisolation sollten zum Nachdenken und Hinterfragen anregen. „Vielleicht holt er sie plötzlich jeden Tag von der Arbeit ab oder beantwortet Fra- gen an ihrer Stelle“, meint Maria Rössl- humer. Gerade in Zeiten von Corona ist es oft schwer, solche Muster zu erken- nen, dafür umso wichtiger. Denn mit Lockdowns und Co. steigen auch wie- der die Fälle häuslicher Gewalt. Orange the world. Mit dem 25. November, dem Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen, starten auch die 16 Tage gegen Gewalt. Bis zum 10. Dezember gibt es wieder vermehrt Aktionen zum Thema. Eine davon ist „Orange the world“. Unter die- sem Slogan werden weltweit Gebäude, wie beispielsweise die Allianz Arena in München, in die Farbe Orange gehüllt. Somit setzt man nicht nur ein Zeichen gegen Gewalt an Frauen, sondern macht das Thema zu dem, was es ist – ein gesellschaftliches Problem, das eine gesellschaftliche Lösung braucht. l mal M O M E N T Maria Rösslhumer Geschäftsführerin Autonome Österrei- chische Frauenhäuser www.aoef.at Warum bleiben viele Frauen in gewalttätigen Beziehungen? Dafür gibt es viele Gründe: Einige haben einen schlechten Selbstwert und Angst vor der Eskalation. Vie- le wissen nicht, wo sie Hilfe bekom- men. Andere haben Angst vor der Einsamkeit. Und in vielen Fällen entsteht eine Gewaltdynamik: Nach jedem Gewaltausbruch versucht der Mann sich zu versöhnen, ent- schuldigt sich oder schenkt etwas. Die Frau schöpft wieder Hoffnung und verzeiht ihm. Und es beginnt von vorne. Wie können sich Frauen vor Gewalt schützen? Sie müssen sich professionelle Hil- fe holen und über ihre Rechte Bescheid wissen. Die Polizei kann helfen, aber auch Frauenhäuser oder Helpchats. Wieso werden Männer gewalt- tätig? Viele Männer können mit der Zurückweisung einer Frau, bei- spielsweise durch eine Trennung, nicht umgehen und werden aggres- siv. Macht- und Kontrollverlust spielt bei vielen Männern eine sehr große Rolle. Gedanken wie „Sie gehört mir oder niemandem“ drän- gen sich dann auf. Natürlich spielt hier auch Eifersucht mit. Trennun- gen, Scheidungen, Anzeigen oder der Gang ins Frauenhaus sind oft entscheidend für einen Mord. Der Mann merkt die Endgültigkeit der Entscheidung der Frau und erträgt diese nicht. Er sieht die Frau als schwaches Geschlecht, als Objekt und nicht auf Augenhöhe. Professionelle Hilfe sollte nach gewaltvollen Erfahrungen immer in Anspruch genommen werden. 96 moments 10/2021 LIFE & MORE

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