moments Magazin 3-22

moments 3/2022 25 Coverstory Dürfen statt müssen . Dabei ist das Neinsagen ein besonders wichtiger Be- standteil eines selbstbestimmten Lebens. „Wer immer nur Ja zu allem sagt, obwohl er das gar nicht will, stellt seine eigenen Bedürfnisse immer hinten an und lässt sein Leben von anderen steuern“, versi- chert Walisch. Die eigene Zeit und Ener- gie sind keine unbegrenzten Ressourcen, sie sollten daher bedacht eingesetzt wer - den. Grenzen zu ziehen, auf die eigenen Bedürfnisse zu hören und im Zuge des- sen auch Dinge abzulehnen, trägt dazu einen wichtigen Teil bei. „Das Neinsagen sollte eine bewusste Entscheidung sein. Man sollte nicht denken, in diesem Mo- ment Nein sagen zu müssen, sondern es vielmehr zu dürfen“, rät Haidinger. Auch für die eigene Authentizität ist Neinsagen sehr wichtig: Wer Ja zu etwas sagt, sollte das auch wirklich so meinen und seine Antwort nicht später bereuen. „Durch das Neinsagen lernt man einen Menschen erst wirklich kennen. Wer immer nur Ja und Amen zu allem sagt, zeigt nicht viel von seinen Bedürfnissen und seinem wahren Ich“, stimmt auch Walisch zu. Den Schmerz ertragen . Ratschläge, wie „Denk nicht so viel darüber nach“ oder „Bleib einfach hart“ sind zwar oft gut ge- meint, helfen aber in der Praxis wenig weiter. Denn nicht das aktive Bewusstsein, sondern das Unterbewusstsein ist der ent- scheidende Faktor in dieser Situation. Ein schlechtes Gewissen ist unglaublich un- angenehm, es abzulegen auf keinen Fall einfach. Wie schafft man es aber, diesen Teufelskreis zu durchbrechen? Mindful Leadership Coach Nina Haidinger hat darauf eine Antwort: „Der Schlüssel ist, nicht mehr vor dem schlechten Gewissen davonzulaufen, sondern sich aktiv damit auseinanderzusetzen. Wie unangenehm dieses Gefühl auch sein mag, den Schmerz bewusst zu erleben, kann aufzeigen, dass die Folgen gar nicht so schlimm sind“, rät die Expertin. Selbst wenn wir jemanden mit unserem Nein enttäuschen, wütend oder traurig machen, so hat das nichts mit unserem eigenen Selbstwert zu tun. Diese zwei Aspekte dürfen nicht in Abhängigkeit stehen. „Wir müssen lernen, uns selber noch zu mögen, auch wenn uns vielleicht eine andere Person nicht mehr mag“, klärt Nina Haidinger auf. Mitgefühl für sich selbst . Das Nein- sagen will gelernt sein. Denn es ist keine Aufgabe, die einfach von heute auf morgen gemeistert wird. Da dieses Zugehörigkeits- bedürfnis so tief in uns verankert ist, muss das Gehirn langsam und gezielt umtrai- niert werden. „Am besten beginnt man zu- nächst mit einer einfacheren Situation. Ich sage Nein und mein Gegenüber reagiert enttäuscht oder wütend. Was löst das SOZIALER KONTEXT. Manchen Menschen fällt es leichter, zu beruflichen Aufgaben Nein zu sagen, als im privaten Umkreis ehrlich zu sein. BUCH-TIPP Sarah Knight „Fuck No“ Quercus Verlag Ca. 12,- Euro In ihrem Buch gib Sarah Knight hilfreiche Tipps, wie man endlich das sagt, was man wirklich sagen will – auf eine höfliche, aber bestimmte Weise. ä FOTOS: QUERCUS VERLAG, FIZKES/ISTOCK/GETTY IMAGES PLUS, NINA HAIDINGER

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