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Life Life FOTOS: WAKOLBINGER 134 moments 8/2023 Im Büro der 44-jährigen Biobäuerin und ehemaligen Landwirtschaftskammer-Präsidentin Oberösterreichs ist Idylle angesagt. Von ihrem Schreibtisch blickt sie auf ein Panoramabild mit alpiner Kulisse, grünen Weiden und Blick auf den Mondsee. „Ein geglückter Schnappschuss mit meinem Smartphone“, erklärt sie. Das Motiv zeigt die Wahlheimat der gebürtigen Waldviertlerin. Michaela Langer-Weninger lebt in Innerschwand am Mondsee, ist verheiratet und hat drei Kinder. Seit dem 23. Oktober 2021 ist die ausgebildete Tourismusfachfrau Landesrätin unter Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP). In ihre Zuständigkeit fallen Land- und Forstwirtschaft, Gemeinden, Ernährung, Feuerwehren und Katastrophenschutz. Frau Landesrätin, Sie waren kürzlich in den Almgebieten unterwegs. Wie sehr beschäftigt der Klimawandel die Landwirte? Sehr. Die Folgen des Klimawandels schlagen unmittelbar durch, weil Landwirte ihre Werkstatt unter freiem Himmel haben. Einen Tag vor der Ernte-Einbringung kann ein Hagelunwetter alles zunichtemachen. Daher ist es entscheidend, die richtigen Maßnahmen für den Klimaschutz zu setzen. Wir unterstützen den Green Deal innerhalb der EU. Die Frage ist nur, ob alle darin geplanten Maßnahmen zur Treibhausgasreduktion sinnvoll sind. Wenn wir, wie geplant, weniger Tiere halten, weniger Pflanzenschutzmittel einsetzen und damit weniger landwirtschaftliche Produktion betreiben sollen, dann bedeutet das nicht, dass die Menschen in Europa auch weniger essen werden. Sie werden die Produkte aus anderen Erdteilen beziehen. Produkte, die nicht unseren Standards entsprechen und mehr CO2 ausstoßen. Europa würde mit dieser Maßnahme zwar seine Klimabilanz verbessern, weltweit würde der CO2-Ausstoß steigen. Das kann nicht im Sinne des Klimaschutzes sein. Deshalb sind Sie gegen das Mercosur-Abkommen? Ja, das Abkommen würde die Wettbewerbsfähigkeit unserer Bauern schwächen. Berechnungen zeigen, dass die Produktion von einem Kilogramm Rindfleisch bei uns 14 Kilogramm CO2 verursacht, in Brasilien sind es 80 Kilogramm CO2 für dieselbe Menge. Da geht es nicht nur um die Klimabilanz, sondern auch um Standards in der Tierhaltung. Das kritisieren wir an diesem Pakt. Dürfen wir noch Schnitzel essen? Wenn jemand etwas gegen den Klimawandel tun will, soll er auch künftig Fleisch essen, Milch trinken und regionale Produkte verzehren. Warum? Nur wenn wir vor Ort Landwirtschaft betreiben und den Boden bewirtschaften, können wir auch Humusaufbau betreiben und damit auch CO2 speichern. Das kann sonst niemand. Dafür ist bewirtschafteter Grund und Boden nötig. Wir haben über 50 Prozent Grünlandanteil in Oberösterreich. Dieses Grünland ist in weiten Teilen als Grasland verwertbar. Dafür werden Tiere benötigt, die aus minderwertigem Eiweiß für uns hochwertiges Eiweiß erzeugen. Jeder, der möchte, kann sich rein pflanzlich ernähren, aber wir brauchen auch die tierische Produktion. In England will man dem Weinbau der Franzosen inzwischen Konkurrenz machen. Werden bei uns bald Südfrüchte ein Thema? Wir haben 100 Hektar Weinbaugebiet in Oberösterreich. Einige Weine zählen inzwischen zu den besten Österreichs, worauf wir sehr stolz sind. Natürlich verändert sich aufgrund neuer klimatischer Bedingungen etwas und wir werden zu experimentieren beginnen – sei es mit dem Anbau von Oliven, Reis oder Erdnüssen. Das gilt nicht nur für neue Kulturen, sondern auch im Ackerbaubereich, wo man sich mit Züchtungen beschäftigt, die trotz weniger Niederschlag eine entsprechende Ernte einbringen. Auch der Wald wird mit klimafitten Baumsorten ausgestattet werden müssen – ein langfristiges Projekt. Viele Menschen spüren die hohen Preise beim täglichen Einkauf. Wie sehr ist die Landwirtschaft für die Teuerung verantwortlich? Die Landwirtschaft ist Preisstabilisator und nicht Preistreiber. Wir haben keine Scheu, die Fakten auf den Tisch zu legen. Diese sind auch visualisiert auf der Homepage der Agrarmarkt Austria (AMA), via Preistransparenzrechner abrufbar. Hier wird klar ersichtlich, zu welchem Preis kauft der Lebensmitteleinzelhandel die Produkte ein und zu welchem Preis liegen sie im Regal. Beim Landwirt bleibt immer nur ein kleiner Prozentsatz von der Verkaufssumme übrig. Von der Arbeit der Bauern hängt unsere Lebensqualität ab. Zahlt es sich noch aus, Landwirt zu werden? Die Rahmenbedingungen sind schwieriger geworden. Einerseits schreckt ein großes Regelwerk an Auflagen ab, andererseits müssen Einkünfte erwirtschaftet werden, die für eine ganz Familie reichen. Ohne schwarze Zahlen geht es in keinem wirtschaftlichen Bereich. Das Einkommen der Landwirte stagniert seit zehn Jahren, wenn man die grünen Berichte im langen Schnitt ansieht. Wir sehen aber auch hoch motivierte junge Bauern, die mit neuen Ideen durchstarten. Einige davon wurden zuletzt mit dem Agrarpreis ausgezeichnet. FRAGE I N T E R V I E W VON KLAUS SCHOBESBERGER Klima Wenn jemand etwas gegen den Klimawandel tun will, soll er auch künftig Fleisch essen, Milch trinken und regionale Produkte verzehren. l Michaela Langer-Weninger Agrar-Landesrätin Zukunft. Agrar-Landesrätin Michaela Langer-Weninger über die Auswirkungen des Klimawandels, die negativen Folgen des Mercosur-Abkommens und die Bedeutung der Landwirtschaft für Oberösterreich. moments 8/2023 135 v

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