moments 10-23

DR. TATJANA HASLINGER Coverstory FOTOS: MICHELE PELOZA Coverstory 22 moments 10/2023 moments 10/2023 23 In der letzten Zeit hört man von immer mehr Menschen, dass sie depressiv seien. Wie zeigt sich das Krankheitsbild Depression? Eine Depression kann sich in unterschiedlichen Ausprägungen zeigen und stellt eine gewisse diagnostische Herausforderung dar. Typische Symptome sind etwa Niedergeschlagenheit, Interessenverlust, Gefühl- und Freudlosigkeit, Antriebsverminderung, erhöhte Ermüdbarkeit, Agitiertheit oder Verlangsamung, reduzierte Konzentration und Aufmerksamkeit, Gefühle von Wertlosigkeit und Schuld, übertriebene Zukunftsängste, anhaltendes Grübeln, innere Unruhe, Hoffnungslosigkeit und Gedanken an den Tod. Zu den körperlichen Symptomen gehören Schlafstörungen, Libidoverlust, unerklärliche Schmerzen, Kältegefühl, Appetitlosigkeit und Gewichtsverlust. Bei Männern zeigen sich die Anzeichen einer Depression etwas anders als bei Frauen und umfassen Verhaltensauffälligkeiten wie Unzufriedenheit, Unruhe, Feindseligkeit, Ärger, aber auch Wutausbrüche, die sonst zum Verhalten der Person nicht passen und inadäquat scheinen, Risikoverhalten wie zu schnelles Autofahren ohne Beachtung der Konsequenzen oder vermehrten Alkoholkonsum. Wodurch kann es zu Depressionen kommen? Die Ursache der Depression ist multifaktoriell. Es spielen sowohl genetische Faktoren wie depressive und andere affektive Erkrankungen in der Familie eine Rolle oder auch ein biochemisches Ungleichgewicht im Gehirn durch eine Veränderung des Stoffwechsels bzw. ein Mangel von den Botenstoffen Serotonin und Noradrenalin im synaptischen Spalt, aber auch der Lebenslauf und das soziale Umfeld, beeinfusst durch traumatische Erlebnisse, Schicksalsschläge, mangelnde soziale Unterstützung oder Vereinsamung. Nicht übersehen darf man, dass auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Suchtprobleme und Umwelteinfüsse eine Rolle spielen. Was kann man tun, wenn man im Umfeld bei jemandem eine depressive Stimmungslage wahrnimmt? Es ist wichtig, Menschen zu ermutigen, sich bei gedrückter Stimmung, vermehrter Unruhe, bei Schlafstörungen oder Antriebsveränderung dem Hausarzt, Psychiater oder Psychotherapeuten anzuvertrauen und Hilfe anzunehmen. Eine Depression ist in den meisten Fällen gut behandelbar. Eine Früherkennung und rechtzeitige Behandlung verbessern die Prognose und verkürzen die Dauer der Arbeitsunfähigkeit. Ein Therapieerfolg ist immer auch von der Bereitschaft der Betroffenen abhängig, die Maßnahmen des Facharztes anzunehmen und umzusetzen. Das bedeutet regelmäßige Medikamenteneinnahme, durchgängige psychotherapeutische Behandlung, laufende fachärztliche Kontrollen, keine Veränderung von verordneten Medikamenten ohne ärztliche Absprache sowie eine Modifizierung des Lebensstils. Gibt es auch Präventionsansätze? Ein gutes Stressmanagement zu erlernen, auf eine gute Schlafhygiene, ein optimiertes Trinkverhalten und eine ausgewogene Ernährung zu achten, ausreichend moderate Bewegung an der frischen Luft sowie das Erlernen von Entspannungstechniken. Gute soziale Kontakte zu pflegen und seine Resilienz zu stärken sind neben der Aufklärungsarbeit für Betroffene und ihre Angehörigen ein guter Weg und verbessern auch die Suizidprävention. Bei rezidivierenden depressiven Störungen ist eine Rückfallprävention vor neuerlichen Episoden von Bedeutung. Diese besteht aus regelmäßiger Medikation, psychotherapeutischer Behandlung, der Arbeit mit Angehörigen sowie der Sensibilisierung für Frühwarnzeichen bei Verschlechterung des psychischen Befindens. Was tun, wenn die Chance auf eine Heilung unsicher erscheint? Bevor man einen Fall als „unheilbar“ oder „nichtansprechend“ bezeichnet, stehen der kurativen Medizin noch einige Möglichkeiten zur Verfügung, etwa eine kombinierte Medikation oder Elektrokrampftherapie. In seltenen Fällen, bei langjährigen chronifizierten Erkrankungen wird auf Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und ihren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, eingegangen. Alle Veränderungen werden nur nach Absprache mit dem Betroffenen durchgeführt.“ PRIVAT NACHGEFRAGT Geschützter Raum. Ausreichend Zeit für persönliche Gespräche und eine individuelle Therapieplanung für Psychotherapien als auch psychiatrische Behandlungen in einer Ordination mitten in Traun. VON FRIEDERIKE PLÖCHL Sphäre Depression kann auch ohne greifbare Ursache vorkommen. Jeder Mensch, unabhängig von Alter, sozialer Schicht und Bildungsniveau, kann betroffen sein. l Dr. Tatjana Haslinger Berufliche Schwerpunkte: Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Kontakt: Am Nordsaum 144, 4050 Traun, +43 677 990 31 990 tatjana.haslinger@psychiatrie-traun.at | psychiatrie-traun.at Raus aus der Depression

RkJQdWJsaXNoZXIy NzkxMTU1