SHEWORKS 8-23

58 SheWORKS | 2023 LIFESTYLE FOTO: PHOTOSCHMIDT / ISTOCK / GETTY IMAGES PLUS Vielleicht muss anders gefragt werden: Muss alles, was möglich ist, auch eingesetzt werden? Letztendlich liegt es an uns, was wir damit machen und wie wir mit KI umgehen wollen.  Die KI kann also auch als zusätzliches Tool für Künstler gesehen werden, gleichzeitig verändert sich die Arbeit des Kunstschaffenden. Statt mit Ölfarbe oder Pastell und einem Pinsel auf Papier oder Leinwand zu malen, müssen die Befehle in Form von Sprache eingegeben werden, damit die KI die Arbeit übernimmt und aus schriftlichen Aufträgen bildliche Ergebnisse ausspuckt. Textbefehle ersetzen also das intuitive Führen eines Pinsels. Die Herangehensweise verändert sich. Kann KI nicht auch Bilder erschaffen, die so noch nicht existieren und uns damit ins Staunen versetzen? Verborgene Phantasiewelten zum Beispiel können Form annehmen und sichtbar gemacht werden. Ethische Fragen. Künstliche Intelligenz bringt neue Herausforderungen, viele Künstler befürchten etwa einen Rückgang von Aufträgen. KI ist schließlich nicht nur schnell, sondern auch günstig. Und was ist mit den Rechten von lebenden Künstlern, deren Werke als Daten von den Maschinen benutzt werden, die dann aber weder finanziell entlohnt werden noch gegen Plagiate vorgehen können. Und wem gebührt dann eigentlich die Anerkennung? Der Maschine, dem Programmierer oder den Künstlern, welche die Basis geliefert haben? Auch der Datenschutz ist ein großes Thema. Aus allen Facebook-­ Profilbildern kann ein neues, so noch nicht bestehendes und von der KI generiertes Bild entstehen. Aber wem gehört es, wer besitzt das Copyright? Hier muss die Politik mit entsprechenden Gesetzen aufholen. Sogenannte Deep Fakes, also realistisch wirkende Medieninhalte, die durch Techniken der künstlichen Intelligenz abgeändert, erzeugt bzw. verfälscht wurden, können Menschen in diskreditierende Situationen bringen. Wie unterscheidet man zwischen Fake und real? Es wird über Kennzeichnungen in der Kunst gesprochen, damit durch KI entstandene Bilder auch als solche ausgezeichnet werden müssen. Im Endeffekt entscheidet der Mensch, ob und wann etwas Kunst ist. Wenn wir also bereit sind, im Auktionshaus Tausende und Abertausende Dollar, Euro, Yen und Co. zu bezahlen, wird in gewissem Maße der KI ein Zuspruch erteilt. Dass sie auf dem Vormarsch ist und in den kommenden Jahren noch einiges an Überraschung auf uns zukommen wird, ist sicher. Bedenkt man aber die überaus erfolgreiche „Jan Vermeer“-Ausstellung im Amsterdamer Rijksmuseum Anfang des Jahres – 28 von insgesamt 37 bekannten Werken des niederländischen Künstlers waren zu sehen –, zeigt sich nicht nur die große Anziehungskraft, die Kunst und Künstler auf die Menschen ausüben. Auch wird deutlich, dass gerade ein so überschaubares Œuvre wie jenes von Vermeer bzw. das langsame Schaffen faszinierender Bildwelten einen in den Bann zieht, was maschinell und im Sekundentakt erzeugte Bilder nicht vermögen. Dass Leonardo da Vinci, Michelangelo, Vermeer, Frida Kahlo, Picasso und viele andere Künstler seit Jahrzehnten und Jahrhunderten bewegen, erfreuen und belehren, das ist eine Fähigkeit der Künstler, die künstliche Intelligenz also erst einmal nachmachen muss.

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